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Auch nach einer Kündigung des Bauvertrages wird die Werklohnforderung grundsätzlich erst mit der Abnahme der bis dahin ausgeführten Werkleistung fällig (Änderung der BGH-Rechtsprechung).
Sachverhalt
Ein Bauvertrag, der unter Einbeziehung der VOB/B geschlossen ist, sieht vor, dass der Auftraggeber dem Auftragnehmer zur Sicherung der Werklohnforderung eine Zahlungsbürgschaft stellt. Nach erfolgter Ausführung eines Teils der Bauleistung kündigt der Auftraggeber den Bauvertrag fristlos. Daraufhin rechnet der Auftragnehmer die ausgeführten Leistungen ab und verlangt von der Bank, die sich für die Werklohnforderung verbürgt hat, Zahlung. Im Rahmen der Zahlungsklage des Auftragnehmers macht die verklagte Bank geltend, die Forderung sei mangels Abnahme und Abnahmefähigkeit der Werkleistung nicht fällig. Außerdem behauptet sie, es liegen Baumängel und dadurch begründete Ersatzvornahme- und Mängelbeseitigungskosten sowie Minderungs- und Mängelbeseitigungsansprüche vor, die der Forderung entgegen stehen. Das OLG München, das als Berufungsgericht über den Fall entscheidet, bejaht die Fälligkeit der Werklohnforderung. Eine Abnahme sei bei einer Vertragskündigung nicht notwendig. Auch die Gegenansprüche wegen behaupteter Mängel verneint das OLG München und verurteilt die Bank zur Zahlung.
Entscheidung
Der BGH entscheidet mit Urteil - VII ZR 146/04 - vom 11.05.2006 anders und verweist das Verfahren an das OLG München zurück. Er führt aus, dass die Auffassung des OLG München, eine Abnahme sei im Falle der Kündigung des Werkvertrages nicht notwendig, der ständigen Rechsprechung des BGH entspricht. Danach sei ein infolge vorzeitiger Vertragsbeendigung unfertiges Werk nicht abzunehmen. Für die Fälligkeit genügte es bisher, dass eine prüfbare Schlussrechnung erteilt wird. Dann erklärt der BGH, dass er – wie schon vorher angekündigt - diese Rechtsprechung aufgibt. Es bestehe kein rechtfertigender Grund, bei einer vorzeitigen Beendigung des Vertrages auf eine Abnahme zu verzichten. Insoweit gelte nichts anderes als bei einem nicht gekündigten Vertrag. Wie dort sei eine Abnahme auch bei einer Vertragskündigung erforderlich und werde die Werklohnforderung sonst nicht fällig. Die Abnahme beschränke sich bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung auf den ausgeführten Teil. Dabei könne die Abgrenzung zwischen noch nicht erbrachten oder mangelhaft erbrachten Teilleistungen zuweilen zwar schwierig sein. Derartige Abgrenzungsschwierigkeiten seien aber kein Grund, auf eine Abnahme als Fälligkeitsvoraussetzung zu verzichten. Entsprechend habe das OLG München die Voraussetzungen der Abnahme weitergehend zu prüfen. Sei danach eine Abnahme zu bejahen, habe das OLG München auch die behaupteten Gegenansprüche, zu denen bisher hinreichende Feststellungen fehlten, eingehender zu prüfen.
Praxistipp
Seit dieser Entscheidung hat der Auftragnehmer auch bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung durch Kündigung oder beispielsweise durch eine einvernehmliche Vertragsbeendigung eine Abnahme zu fordern. Diese sollte möglichst mit einem gemeinsamen Aufmaß verbunden werden, um spätere Probleme bei der Schlussrechnung zu vermeiden. Eine Abnahme ist nur noch ausnahmsweise entbehrlich, etwa weil nicht mehr Erfüllung des Vertrages, sondern Minderung oder Schadensersatz verlangt wird oder die Abnahme durch den Auftraggeber ernsthaft und endgültig abgelehnt wird.
Rechtsanwalt Zander, Hameln
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
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Notar
Das Urteil des BGH vom 11.05.2006 - VII ZR 146/04 - vollständig lesen und ausdrucken: bgh_urteil_v._11.05.2006.pdf (88 KB)