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Der Einwand, die Kosten für die Mängelbeseitigung sind unverhältnismäßig hoch, kann grundsätzlich nur geltend gemacht werden, wenn der Erfolg, der mit der Beseitigung des Baumangels zu erreichen ist, bei Abwägung aller Umstände objektiv in keinem vernünftigen Verhältnis zu den Kosten der Mängelbeseitigung steht.
Sachverhalt
Die Kläger kaufen vom Bauträger ein Reihenendhaus. Nachdem auch das Nachbarhaus verkauft und bezogen ist, stellen sie erhebliche Schallbelastungen fest, nämlich stark wahrnehmbare Wohngeräusche aus dem Nachbarhaus und Schwingungen/Vibrationen. Eine Bauteilöffnung ergibt, dass Mörtelreste bei der Aufmauerung der Trennwände in die Trennfuge zwischen den beiden Gebäuden gefallen sind und Schallbrücken verursachen. Zudem hat die Dämmeinlage, die in die Trennfuge eingearbeitet ist, nicht die erforderliche Steifigkeit. Die Kosten der Mängelbeseitigung durch ein so genanntes Seilsägeverfahren veranschlagt der gerichtlich bestellte Sachverständige auf 40.000,00 € netto. Die Zahlung der 40.000,00 € zuzüglich Umsatzsteuer verlangen die Kläger vom Bauträger als Kostenvorschuss, da diese zur Finanzierung der Mängelbeseitigung erforderlich seien. Der Bauträger bestreitet die Mängel und macht im Klageverfahren außerdem geltend, die Kosten für die Mängelbeseitigung seien unverhältnismäßig hoch. Zu einer Mängelbeseitigung sei er daher nicht verpflichtet.
Entscheidung
Die Kläger gewinnen den Prozess. Anhand der Feststellungen des Sachverständigen bestätigt das OLG Köln den Klägern mit dem Urteil - 7 U 158/08 - vom 16.09.2010 zunächst, dass ein Baumangel vorliegt, da auf Grund nicht fachgerechter Bauausführung erhebliche Schallbrücken zwischen dem Haus der Kläger und dem Nachbarhaus bestehen, die zu einer deutlichen Verschlechterung des an sich ohne weiteres möglichen Schallschutzes zwischen den Häusern geführt haben. Zusätzlich sind die geforderten Mängelbeseitigungskosten nach der Ansicht des OLG Köln auch nicht unverhältnismäßig hoch, wozu das Gericht ausführt: "Ob … die Kosten unverhältnismäßig hoch sind, hängt nicht allein von der Relation von Nachbesserungskosten und Herstellungskosten des mängelfreien Werkes ab. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung mit Rücksicht auf das objektive Interesse des Bestellers an der ordnungsgemäßen Erfüllung im Verhältnis zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt. Ein objektiv berechtigtes Interesse an der vertragsgemäßen Erfüllung steht daher im Regelfall der Bejahung der Unverhältnismäßigkeit - auch bei hohen Kosten - entgegen. Verstöße gegen die anerkannten Regeln der Technik rechtfertigen daher regelmäßig nicht die Unverhältnismäßigkeit. Auch ist in jedem Falle zu Lasten des Unternehmers zu berücksichtigen, ob und in welchem Ausmaß er die Mängel verschuldet hat … Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist … von der Unverhältnismäßigkeit der Nachbesserung nicht auszugehen. Denn … die ordnungsgemäße Ausbildung der Trennfuge bei Errichtung wäre ohne weiteres möglich gewesen, was … zu einer wesentlichen Verbesserung der Schallschutzeigenschaften der errichteten Gebäude geführt hätte".
Praxistipp
Das Urteil entspricht der ständigen BGH-Rechtsprechung. Eine Unverhältnismäßigkeit bejaht der BGH im Wesentlichen nur (noch) bei so genannten Schönheitsmängeln. So rechtfertigt beispielsweise ein kaum wahrnehmbarer Fugenversatz nicht den Abriss der Fassade, vielmehr kommt hier einer Minderung in Betracht. Ist dagegen die Funktionsfähigkeit eines Gebäudes beeinträchtigt (z. B. Feuchtigkeit, Schallschutz, Standsicherheit), kann eine Nachbesserung regelmäßig nicht wegen hoher Kosten verweigert werden. Es reicht dafür nicht, dass die Mängelbeseitigungskosten sehr hoch sind. Insbesondere Mängel, die den Wohnwert eines Gebäudes erheblich beeinträchtigen, sind grundsätzlich zu beseitigen, "koste es, was es wolle". Berücksichtig wird bei der Frage der Unverhältnismäßigkeit auch, inwieweit der Unternehmer den Mangel verschuldet hat. Im vorliegenden Fall hätte der Bauträger den Ausführungsmangel durch eine regelmäßig Überprüfung der Arbeiten, zu der er verpflichtet war, verhindern können. Mithin hatte der den Mangel auch verschuldet.
Rechtsanwalt Zander, Hameln
Kanzlei für Baurecht
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Das Urteil des OLG Köln - 7 U 158/08 - vom 16.09.2010 lesen und ausdrucken: olg_koeln_urt._v._16.09.10.pdf (546 KB)